UN-Nachhaltigkeitsziele: Der friedliche Übergang vom Atom- ins Solarzeitalter

Ein Kommentar von Hazel Henderson*

In diesem Kommentar schreibt Hazel Henderson, Zukunftsforscherin und Expertin für alternative Ökonomien, wie die systematischen Zusammenbrüche in unserer heutigen Zeit alten und neuen Plänen von Futuristen und Weltbürgern zum Durchbruch verhelfen könnten.

St. Augustine, Florida, USA, 2014 (IPS) – Der Friedensvorschlag des japanischen Buddhisten und Präsidenten von ‚Soka Gakkai International‘ (SGI), Daisaku Ikeda, hat mich veranlasst, den Blick von den Tagesnachrichten abzuwenden und mich dem mir wichtigen Anliegen einer friedlichen, auf Gleichheit bedachten und nachhaltigen menschlichen Gesellschaft zur Sicherung unserer gemeinsamen Zukunft zuzuwenden. Ein Anliegen, dass inzwischen von Millionen Menschen geteilt wird, die persönliche, lokale und nationale Ziele hinter sich gelassen haben und zu Prototypen der Weltbürger geworden sind.

Das Versagen unserer Institutionen löst Tag für Tag neue Krisen aus, die jedoch, wie das schon immer der Fall war, neue bahnbrechende Lösungsansätze hervorbringen. Stress war schon immer ein Evolutionsinstrument, wie sich dies in den 3,8 Milliarden Jahren, in denen es auf unserem Planeten Lebensformen gibt, gezeigt hat.

Die heutigen Krisen sind allesamt Folgen unserer myopischen technologischen und sozialen Innovationen, die auf kurzfristige Problemlösungen aus waren, ohne deren nachhaltige Auswirkungen zu antizipieren. Dass uns unser Energiebedarf dazu bringt, unsere Erde für fossile Brennstoffe umzugraben, um diese dann zu verfeuern, hatte mich in 1960er Jahren zum Beitritt zur ‚World Future Society‘ (der weltführenden Ideenschmiede in den USA) veranlasst. Damals hatte ich zusammen mit anderen Müttern, die wir mit unseren Kindern auf einem Spielplatz die Abgase eines nahe gelegenen Kohlekraftwerks einatmen mussten, eine Initiative für eine saubere Luft in der Stadt New York gestartet.

15 Herausforderungen für die Menschheit

2014 bin ich immer noch eine überzeugte Zukunftsforscherin und Mitglied des Planungsausschusses des ‚Millennium Project‘, das die 15 größten Risiken für die Menschheitsfamilie zusammengestellt hat. Unser letzter ‚State-of-the-Future-Bericht‘ 2014 zeigt die Erfolge und Schwächen bei der Bewältigung der Herausforderungen auf, als da sind: nachhaltige Entwicklung, Klimawandel, Wasser, Bevölkerung, Ressourcen, Demokratisierung, nachhaltige politische Strategien, Globalisierung der Informationstechnologien, Kluft zwischen Arm und Reich, Verbesserung der Rolle der Frau, transnationales organisiertes Verbrechen, Energie, Wissenschaft, Technologie und globale Ethik. Am ‚Millennium Project‘ sind Akademiker, Regierungs- und Nichtregierungsvertreter sowie Unternehmer aus 50 Ländern beteiligt.

Etwa zeitgleich hat Daisaku Ikeda, mein geschätzter Mitautor von ‚Planetary Citizenship‘ und Präsident der zwölf Millionen Mitglieder zählenden GSI, wie jedes Jahr seit 1983, seinen Friedensvorschlag für 2014 unterbreitet. Der 1928 geborene Ikeda ist einer der bedeutendsten Weltbürger.

Ikedas Friedensvorschlag 2014 ‚Werteschaffung für eine globale Veränderung: Widerstandsfähige und nachhaltige Gesellschaften aufbauen‘ – bemüht UN-Themen: von den Millenniumsentwicklungszielen (MDGs) aus dem Jahr 2000 bis zur 191-Länder-Agenda von Rio+20 in Brasilien 2012 zur Erarbeitung von Nachhaltigkeitszielen (SDGs), durch die der Übergang von der fossilen und nuklearen Energie zu einer mehr dezentralisierten, sauberen, grünen, wissensreicheren Ökonomie vollzogen werden soll.

In meinem globalen Übergangsfahrplan von 2014, ‚Mapping the Global Transition to the Solar Age‘, komme ich zu ähnlichen Schlussfolgerungen: Dass es mit den vorhandenen Technologien möglich ist, auf fossile Treibstoffe, Uran, Atomkraftwerke und Kernwaffen zu verzichten, wie dies den vielen Berichten entnommen werden kann, die auf der diesjährigen Anzeigetafel für den grünen Übergang (‚2014 Green Transition Scoreboard®‘) aufgeführt sind.

Die Macht der ewig Gestrigen



In vielen Ländern ist der politische Wille nach wie vor eine Geisel spezieller Interessen, von Lobbyarbeit und Geldern von Sektoren und deren Förderung. Weltweite Bürgerbewegungen drängen Pensionsfonds und Universitätsstiftungen dazu, ihre Investitionen aus Fossilenergiesektoren abzuziehen und stattdessen in sauberen, grüneren und nachhaltigeren Projekten anzulegen.

Finanzveteranen wie Jeremy Grantham und Robert A. G. Monks schließen sich Vermögensmanagern an, die ‚fossilfreie‘ Portfolios anbieten, die oft besser als die schmutzigen abschneiden. Während in den USA und in Europa Atomkraftwerke stillgelegt werden, weil Windkraft, Solarenergie und Effizienzalternativen preiswerter sind, werden in Asien immer noch welche geplant. Das ist sogar in China, der weltführenden Solarmacht, der Fall. 

Wir brauchen umfangreiche konzeptionelle Durchbrüche, um von den alten Paradigmen und der theoriebedingten Blindheit wegzukommen. Ein solcher Durchbruch ist der sich rasch entwickelnde Vorschlag ‚Iran Goes Solar‘ der ‚Planck Foundation‘, der die ganze politische Debatte über das Recht des Irans auf eine friedliche Nutzung von Atomkraft beenden könnte. Dadurch könnten Sanktionen verhindert, Israels Ängste vor einem weiteren Atomwaffenstaat in Nahost ausgeräumt und die bevorstehende UN-Konferenz über den Atomwaffensperrvertrag (NPT) ‚erleuchtet‘ werden.

Während Ikeda zurecht auf ein ‚Nichteinsatz-Abkommen‘ unter dem NPT drängt, ist der Plan der Planck Foundation ein Paradigmenwechsel. Der Iran könnte durch den unverzüglichen Erwerb von Blockanteilen in Chinas Solarenergieunternehmen gleichermaßen auf Atomstrom und fossile Brennstoffe verzichten und danach möglichst viele Solarzellen kaufen. Das wäre eine preiswertere Alternative zum Bau von Atommeilern oder Kohlekraftwerken.

Irans riesige Ölvorräte könnten als wertvolles industrielles Ausgangsmaterial im Boden bleiben, anstatt verheizt zu werden – ein Vorschlag, den ich bereits 1965 in der ‚Today Show‘ im NBC-Fernsehen unterbreitet hatte! Die ‚Iran Goes Solar‘-Initiative beinhaltet auch den Aufruf, das Dienstleistungsangebot der Eisenbahn auf die Seidenstraße nach China auszuweiten und die Wüste mit salzliebenden Pflanzen zu begrünen, wie dies im ‚DesertCorp‘-Plan [der Planck Foundation] erläutert wird, der die Ausweitung einer meerwasserbasierten Landwirtschaft in Wüstenregionen propagiert.

Die heutigen Fortschritte produzieren in der Tat neue systemische Pläne und Möglichkeiten, wie sie vor langer Zeit von Zukunftsforschern und Weltbürgern erdacht wurden. Alle diese Pläne für eine gemeinsame Zukunft und für grüne Ökonomien werden von den ‚Ethical Market Media‘ (in den USA und in Brasilien) aufgegriffen, von den Mainstreammedien jedoch häufig ignoriert.

*Hazel Henderson ist Vorsitzende von ‚Ethical Markets Media‘ (USA and Brazil) und Gründerin der ‚Green Transition Scoreboard®‘.

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