Von Thalif Deen
New York, 17. Juli (IPS) – Wasserfest sollen sie sein, wirksamer als die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), die sich als Waffen im Kampf gegen Hunger und Armut nur teilweise bewährt haben. Die derzeit verhandelten Nachhaltigkeitsziele (SDGs) sollen das ehrgeizigste UN-Entwicklungsprojekt aller Zeiten ermöglichen. Nach Ansicht von Entwicklungsexperten hängt ihr Erfolg auch davon ab, ob die reichen Länder auf konkrete und messbare Zielvorgaben festgelegt werden können.
„Warum setzen wir uns nicht das Ziel, die Steueroasen bis 2020 auszutrocknen?“, fragte Jens Martens, Leiter des Europa-Büros des ‚Global Policy Forum‘, im Gespräch mit IPS. Seiner Meinung nach bedarf es weitaus größerer Anstrengungen als bisher, um die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Krisen zu lösen und einen erforderlichen Wandel herbeizuführen.
Die vorgeschlagenen SDGs seien ein Mix aus wiederaufbereiteten alten und vage formulierten neuen Zielen, kritisierte Martens. So heißt es beispielsweise im Entwurf für SDG 1a, dass eine Mobilisierung signifikanter Ressourcen unterschiedlicher Quellen sichergestellt werden müsse, um eine nachhaltige und wirksame Umsetzung der Programme und Strategien zur Ausrottung der Armut in allen ihren Dimensionen garantieren zu können.
Nach Ansicht Martens und anderer Experten sind die Industriestaaten ihrer in MDG 8 eingegangenen Verpflichtung zu einer ‚globalen Partnerschaft für Entwicklung‘ nicht nachgekommen. Die neuen SDGs müssten verhindern, dass sie sich erneut ebenso leicht aus der Verantwortung stehlen könnten. Im Rio-plus-20-Abschlusspapier, das 2012 auf der internationalen Konferenz in Brasilien angenommen wurde, heißt es explizit, dass die neuen Zielvorgaben „universell auf alle Länder“, einschließlich der Industriestaaten, anwendbar sein müssten.
Die 17 neuen Ziele, die von einer Offenen Arbeitsgruppe entworfen worden sind, beinhalten Vorschläge, wie sich Armut, Hunger und Ungleichheit bekämpfen lassen und den Menschen weltweit zu einem gesunden Leben, Qualitätsbildung und Gleichberechtigung der Geschlechter verholfen werden kann. Auch enthalten sie Vorschläge für einen nachhaltigen Umgang mit Wasser, für eine universelle Sanitärversorgung, für eine produktive Beschäftigung und Industrialisierung sowie den Schutz der terrestrischen Ökosysteme und der Stärkung der globalen Partnerschaft im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.
Die Offene Arbeitsgruppe soll ihren Bericht im August der UN-Vollversammlung vorlegen. Im September 2015 sollen die SDGs in ihrer Endfassung den Staats- und Regierungschefs vorgelegt werden. Bis dahin, so ein UN-Mitarbeiter, „wird noch jede Menge weggestrichen und hinzugefügt“.
Martens appellierte an die Regierungen, nicht den Fehler zu wiederholen, das Partnerschaftsziel so vage und unverbindlich zu halten wie in MDG 8. „Wir brauchen stattdessen messbare Ziele für die Reichen“, betonte er. Jede Post-2015-Agenda müsse die strukturellen Hindernisse und politischen Hürden, die die erfolgreiche Umsetzung der MDGs verhindert hätten, aus dem Weg schaffen. Dazu gehörten unfaire Handels- und Investitionsbestimmungen (einschließlich des Investor-Staat-Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten) ebenso wie Steuerflucht und Steuertricks durch transnationale Konzerne und reiche Einzelpersonen.
Andere Aktivistengruppen wie ‚ActionAid‘ mit Sitz in London monieren, dass der Wasser- und Sanitärversorgung kein eigenes Ziel gewidmet wurde, sondern man sie dem Ziel Nr. 7 der ökologischen Nachhaltigkeit unterordnete. Dabei seien Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene entscheidend für den Erfolg vieler anderer Ziele, meinte Kampagnenleiterin Nadya Kassam.
UN-Vizegeneralsekretär Jan Eliasson hat mit seiner von ActionAid unterstützten Kampagne gegen die offene Defäkation verdeutlicht, wie wichtig die Bekämpfung der sanitären Unterversorgung ist.
Nach fast 15 Jahren MDGs konnte zwar der Anteil der Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser weltweit seit 1990 halbiert werden, doch haben in Subsahara-Afrika 36 Prozent der Bevölkerung immer noch keinen Zugang zu der Dienstleistung. Am schlechtesten schneidet das Sanitärziel ab, wie Kassam berichtete. Sollte hier nicht nachgebessert werden, werde es 150 Jahre dauern, bis die Region südlich der Sahara das Ziel erreicht hat, den Anteil der Menschen ohne Sanitärversorgung zu halbieren. „Deshalb ist es so wichtig, den Themen Wasser und Sanitäres ein eigenes Ziel zu widmen.“
Martens hält es für ein positives Signal, dass im derzeitigen Entwurf ein Ziel zur Beseitigung der Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten enthalten ist. „Es ist äußerst wichtig, dass es in der Endphase der Verhandlungen nicht untergeht“, sagte er. Allerdings müssten dieses und alle anderen Ziele mit konkreten Indikatoren über Verteilung und Ungleichheit ausgestattet werden.
Wie einer am 14. Juli verbreiteten Mitteilung der ‚Reporter ohne Grenzen‘ zu entnehmen ist, findet derzeit eine hitzige Debatte über ein vorgeschlagenes SDG zur Medien- und Informationsfreiheit statt. Widerstand kommt demnach von OWG-Mitgliedern wie Russland, Kuba und China. Es bestehe die Gefahr, so heißt es in dem Statement, „dass der Schutz des Informationsrechts in der künftigen UN-Entwicklungsagenda abgeschwächt oder sogar völlig gestrichen wird“.